Donnerstag, 28. Oktober 2010

Happy Birthday!

Das Kolpingwerk Veracruz feiert dieses Jahr sein 30-Jähriges bestehen, und am Samstag gab es die Feierlichkeiten dazu.
So sah es zum Schluss der Vorbereitungen aus
Am Freitag wurden die Sachen gebracht, die man so benötigt: Tische, Stühle, Tischdecken, Stuhlbezüge, Pavillons. Die Pavillons und Tische wurden auch gleich von den Leuten aufgebaut, die uns die Sachen gebracht haben. 150 Stühle mussten wir selber aufstellen. Dann haben wir die ganzen Stoffsachen verteilt, denn ohne Decken und Überzüge waren die Sachen potthäßlich. Um die Pavillons ein wenig zu schmücken haben wir irgendwas girlandenähnliches gesucht. Da hier bald der Día de los muertos (Totentag) gefeiert wird, gab es nur Girlanden mit tanzenden, schlafenden oder anderweitig posierenden Skeletten. Was solls, sie waren bunt, und zum Schluss sah das ganze recht feierlich aus.
Buffet und viele Leute
Am nächsten morgen sind wir dann zur Kathedrale in Córdoba gefahren. Die Messe war extra angesetzt und wurde vom Bischof gehalten. Danach ging es in Autos und Bus zu den Kolpingräumlichkeiten. Jede Familie hatte was zu essen mitgebracht, und so gab es ein großes Buffet aus allen möglichen mexikanischen Sachen. Es war spaßig, dass es nur ein paar Löffel, keine Gabeln und keine Messer gab. Aber es ist schon eine Kunst für sich, mit den Fingern zu essen ohne dabei die guten Klamotten ganz zu versauen. Schlussendlich war ich jedenfalls relativ satt.
Nach dem essen wurden "las mañanitas" gesungen. Das ist das mexikanische Geburtstagslied, dass hier jeder kennt und welches immer gesungen wird. Ich probiere mal, die ersten Zeilen zu übersetzen:

"Das sind "die kleinen Morgenden" (Las mañanitas), die König David gesungen hat
weil heute dein Geburtstag ist, singen wir sie für dich
wach auf, Guter, wach auf,
guck mal: es dämmert schon,
und die Vögel singen
der Mond ist schon nicht mehr zu sehn"

Nun ja, hier sieht man vielleicht, warum das Lied nicht auf Deutsch gesungen wird...

Da habe ich wohl ausnahmsweise mal nicht getroffen...
Dann wurden die obligatorischen Piñatas kaputt gemacht. Die putzigen Pappmascheefiguren, die mit Süßigkeiten, werden an einem Seil aufgehängt und schwingen hin und her. Eine Person kriegt dann einen Stab in die Hände, und muss versuchen, die Piñata kaputt zu schlagen. Nach kurzer Zeit ist der nächste dran. Wesentlich schwieriger wird es, wenn auch noch die Augen verbunden werden. Ich hab mich dann auch mal mit verbundenen Augen versucht. besonders erfolgreich war ich nicht, aber die Leute hatten wohl großen Spaß daran mir zuzusehen...
Wenn dann irgendwann die Piñata kaputt ist, fallen natürlich die ganzen Süßigkeiten auf den Boden. Das Publikum (auch die Erwachsenen) stürzt sich dann auf die Süßigkeiten und probiert, möglichst viel zu ergattern. Ein bisschen ist es wie beim Karnevalszug. 
Was bisher fehlte ist natürlich ein ordentlicher Geburtstagskuchen. Die hiesigen Kuchen oder Torten bestehen aus sehr wenig Teig und haufenweise süßer, ordentlich fetter Creme. Man kann davon einfach nicht mehr als ein Stück essen, und so lecker schmecken mir diese Kuchen nicht, aber schön ausgesehen hat der Kuchen allemal.

Mittwoch, 20. Oktober 2010

Brot!

Hier in Mexiko isst man fast kein Brot. Das "höchste der Gefühle" sind Brötchen aus ziemlich lockerem Weizenteig. Stattdessen ist man zum Frühstück viel Ei, Früchte und Cornflakes. Dabei sind außerdem immer gekochte Bohnen und Tortillas, in die einfach alles reingepackt wird, was gerade da ist. Zum Abendbrot wird oft warm gegessen. Tortillas und Böhnchen fehlen auch hier nicht. Eine einfache warme Speise sind zum Beispiel Gorditas (frei übersetzt: Pummelchen): Eine recht dicke Maistortilla wird mit weich gekochten Bohnen gefüllt und frittiert. Eine andere Speise sind Tamales: Die Hauptzutat ist eine relativ feste Maismasse, die in einem Bananen- oder Maisblatt serviert wird. Natürlich werden auch viele Tacos - Tortillas mit Fleisch und diversen anderen Zutaten gegessen. Auf einem Geburtstag, zu dem ich am Samstag eingeladen war, wurde ein Süppchen serviert, an dessen Name ich mich aber nicht mehr erinnere. Es bestand aus scharfer Brühe und allen Sachen vom Schwein - außer dem Fleisch. Ich weiß gar nicht, was ich alles für Organe probiert habe. Die Magenstücke waren jedenfalls gut zu erkennen. 
Das mexikanische Essen, das ich bisher gegessen habe, hat mir keine Magenprobleme bereitet und schmeckt mir in den allermeisten Fällen ziemlich gut. Zudem konnte ich zum Beispiel gestern für zwei Euro zu Abend essen und trinken. Es ist also oft günstig und lecker. Dass man hier wesentlich öfters einfach mit der Hand isst, ist nach kurzer Umgewöhnung ebenfalls kein großes Problem. Es kann sogar ziemlich spaßig sein. Um die Lebensmittel vom Teller zum Mund zu befördern, hat man ja die Tortillas. Allerdings schmeckt eine Tortilla mit Butter und Honig sicherlich scheußlich. Am Freitag hatte ich aber das dringende verlangen, Butter und Honig, und natürlich Brot zu essen. Außerdem hatte ich schon vor einiger Zeit ein einfaches Brotrezept gefunden, das ich jetzt mal testen wollte.
Ich habe also meinen zweiten Hefeteig in meinem Leben gemacht (der erste wurde kürzlich zu einem pizzaähnlichem Gebilde), diesmal mit Vollkornweizenmehl. Der Backofen war dann nochmal eine kleine Herausforderung: Normalerweise wird er als Schrank benutzt; er ist voll von Tassen, Tellern und Töpfen. Er musste also ausgeräumt werden. Außerdem benutzt man in Mexiko selten Ofenbleche. In dem Ofen hier war nur ein Rost drin. Eine Kastenform war natürlich auch nicht zu finden. Daraufhin habe ich einfach eine Aluschale genommen, die mir schon bei meinem Pizzagebilde gute Dienste geleistet hat. Zum Schluss kam jedenfalls etwas gut duftendes aus dem Backofen, dass ich als "Brot" bezeichnen würde. Und mit Honig und Butter hat es ganz köstlich geschmeckt. Am Samstagabend haben zwei Kolpingmitglieder in der Wohnung übernachtet, die fanden das Brot auch prima.

Warum übernachteten die beiden Leute in der Wohnung?
Am Samstag und Sonntag gab es einen Kunsthandwerkermarkt in Fortín. Das war natürlich eine gute Gelegenheit, einige Kolpingprodukte anzubieten: Unter anderem gab es Honig, Liköre, Salsas, Naturmedizin und Marmeladen. Für mich hieß das, früh morgens und Abends beim Auf- und Abbau des Standes zu helfen, aber auch die anwesenden Kolpingleute besser kennen zu lernen und ein paar schöne Sachen zu kaufen. Ich habe mir dann gleich meine erste Salsa von Kolping besorgt. Denn, weil man hier zu fast allem Salsa isst, hatte ich schon öfters in der Wohnung das Gefühl: Jetzt gerade fehlt was beim Essen. Ausnahmsweise am Abend nicht allein in der Wohnung zu sein und das Abendbrot zu teilen war auch ziemlich angenehm, zumal die beiden sehr umgängliche Leute sind.

Das wäre es soweit zum Wochenende,
Viele Grüße,
Lukas

Mittwoch, 13. Oktober 2010

Einmal Förster sein...

Über meine Arbeit im Büro gibt es nicht viel zu erzählen. Ich bereite den Deutschkurs vor, der in der zweiten Novemberwoche starten wird. Heute war ich unterwegs, die Plakate dafür aufhängen. Über den Samstag hingegen kann ich etwas mehr schreiben:
Es zog Lalo und mich wieder nach Itzapa, dem schönen, ruhigen Bergdorf mit der noch schöneren Landschaft und einfach netten und fleißigen Leuten, die mich schon beim ersten Besuch beeindruckt haben. Wir waren zu einem Waldaufbereitungsprojekt der örtlichen Kolpingjugend eingeladen. Ein Stück Wald, das dem ganzen Dorf gehört, soll sinnvoll genutzt werden. Bisher wuchsen da nur kleinere Bäume und Sträucher, die wohl keinen großen Sinn erfüllten. Ich nenne es mal großes Unkraut. Die Jugendlichen haben 119 Piniensprösslinge gesammelt, die jetzt also diese Waldfläche aufwerten sollten. 
Warum Pinien? Das Pinienholz wird für alle möglichen Holzarbeiten benutzt. Sei es für einen Hausbau oder für Möbel. Sie wachsen relativ schnell. Außerdem ist die Erde dort in den Bergen etwas "unruhig"; es gibt öfters Erdrutsche. Der Klimawandel, der in die Region stärkere Regenfälle bringt, verstärkt dieses Phänomen. Die Pinien dienen hier durch ihr Wurzelwerk auch zur Stabilisierung.
Morgens, auf dem Hinweg, stand einfach so ein Stier auf der Straße. Immerhin ist das Kolpingauto nicht rot, aber Lalo hatte trotzdem ziemliche Bedenken, an dem Stier vorbeizufahren - auch wenn es platzmäßig gerade so hingehauen hätte. Ihm war die Gefahr zu groß, dass das Tier wütend wird und angreift. Das Problem war allerdings, dass wir irgendwie an diesem Viech vorbei mussten, es half nichts. Nachdem zwei örtliche Frauen zu Fuß ohne bedenken an uns vorbei weitermarschierten, fuhren wir schließlich auch dran vorbei und der Stier blieb glücklicherweise ruhig. Aber es war schon lustig einfach einen angebundenen Stier auf der Straße zu sehen... Wer macht sowas denn?

Ein paar Leute beim roden
Nachdem wir den Stier fast schon wieder vergessen hatten, kamen wir also in Itzapa an. Es war noch Tau an den Blättern, und es war ordentlich kalt. Nach und nach kamen die Jugendlichen; aber auch die Kolpingsfamilie im Dorf und einige andere Leute kamen zum mithelfen. Als alle beisammen waren (ich denke es waren zwischen 20 und 30), gab es was typisch mexikanisches zu Essen, man muss ja Kräfte sammeln. Dann ging es los, erstmal ein wenig wandern durch die Felder und Wälder Itzapas. Als wir ankamen wurden schnell die Aufgaben verteilt, dann fing die eigentliche Arbeit an. 
Das wurde der Maßstamm
Ein Teil des Waldstückes war schon gerodet, ein Teil fehlte aber noch. Also machten sich viele Leute mit ihren Buschmessern daran, die Büsche und Bäumchen mit ein paar Hieben zu kürzen. Ein dünner Baumstamm wurde ausgemessen, er galt als Distanzgeber für die einzelnen Sprösslinge. Diese wurden dann natürlich eingepflanzt. Der Abstand Betrug etwa 15 Meter, die Bäume brauchen ja Platz, da kommt ein ordentliches Gebiet für 119 Sprösslinge zusammen. Übrigens wurde das gefällte Holz und Grünzeug liegen gelassen, damit nicht so schnell andere Pflanzen kommen die den Pinien Licht, Wasser oder Nährstoffe wegnehmen könnten. 
Ich hab geholfen wo ich konnte, mal ein paar Bäumchen pflanzen, mal mit dem Buschmesser drauf los hauen. Naja... ich glaube, ich bin nicht der geschaffene Buschmessertyp. Aber Spaß gemacht hat es trotzdem. Und Fotos gemacht habe ich natürlich auch.
Nach getaner Arbeit ging es zurück, und zum Abschluss wurde nochmal zusammen draußen gegessen. Um 19 Uhr war ich wieder zu Hause. Das ganze war anstrengend, aber schön, es war neu und gut, die Leute in Aktion zu sehen und auf irgendeine Weise war der Tag in den Bergen erholsam.
Viele Grüße,
Lukas

Montag, 4. Oktober 2010

Die Kennenlernphase...

...hat am Donnerstag und Freitag ihren Abschluss gefunden. Wir sind zu zwei Kolpingsfamilien und einer Kolpingjugend gefahren, die etwas weiter weg liegen - in und um die Hauptstadt von Veracruz, Xalapa. Als erstes, am Donnerstag nachmittag, stand die Familie in Rinconada auf dem Programm. Hier durfte ich zum letzten mal in den Genuss des Vortrages über kirchliche Sozialarbeit kommen. Da wir ohnehin schon in den Gemeinderäumlichkeiten waren und es zeitlich gut passte, haben wir gleich danach die Messe besucht. Obwohl der Messablauf fast der gleiche wie in Deutschland war, war die Atmosphäre völlig anders: Die Deckenventilatoren sorgten für ein leichtes Rauschen, Kinder liefen rum, fielen hin, spielten mit einer Rassel und Ähnliches. Die Musik kam nicht von einer Orgel, sondern von einer Gitarre und einem kleinen Chor. Es gab übrigens keine Liederbücher; jeder Chor hat sein eigenes Repertoire und es singt mit wer kann. Der Altersdurchschnitt ist in der Messe war wesentlich niedriger als in Deutschland. Ich habe weniger graue Haare gesehen, dafür aber jede Menge Kleinkinder. Hier ist die Religion für nahezu jeden ein wichtiges Element im Leben und die Bevölkerung ist stark katholisch geprägt. Übrigens gibt es, zum Beispiel hier in Fortín, jeden Tag eine Messe und am Sonntag sogar vier. Da wir am Freitag wieder in der Gegend unterwegs waren, haben wir in einem Hotel in Xalapa geschlafen.



Eine Straße im besagten Viertel


Die Kathedrale von Xalapa
Am Freitag morgen habe ich Lalo dann zu ein paar Terminen begleitet; ich hatte aber auch Zeit mir ein wenig die Stadt anzugucken. Sie ist zweifelsfrei einen Besuch wert, aber hier werden auch stark die Unterschiede zwischen arm und reich deutlich. Die Kathedrale von Xalapa ist beispielsweise an jeder Säule mit einem Flachbildmonitor ausgestattet und macht auch ansonsten einen sehr gepflegten und reichen Eindruck. Die Straßen in einem ärmeren Viertel etwas außerhalb vom Zentrum sind nicht gepflastert und haben haufenweise Löcher. Die Abwässer werden durch offene Kanäle neben der Straße abgeleitet. Man fragt sich: Wird hier Geld an richtiger Stelle ausgegeben? Das war übrigens bei weitem kein Slum, sondern einfach eine Wohngegend von schlechter Verdienenden.



Auf den diversen Autofahrten sind wir immer wieder durch Teile des Gebietes gefahren, in dem der Hurricane Karl vor ein paar Tagen gewütet hat. Die Region hat es zwar nicht ganz so stark getroffen, aber die Spuren sieht man: Seien es die Palmen, deren Blätter entweder weggeweht wurden oder alle in eine Richtung zeigen, das runtergerissene Geländer einer Betonbrücke, die umgefallenen Bäume an einem Flusslauf, der über die Ufer getreten ist oder das gerade fertig gewordene Hotel, dessen Grünanlagen nun braun sind und gleich mit den ersten richtig großen Renovierungsarbeiten angefangen werden darf.



In Xalapa haben wir die älteste Kolpingsfamilie in Veracruz besucht. Sie besteht aus 4 älteren Damen, die enorm gastfreundlich und liebenswert sind. Da die Gruppe aber durch das Alter ihrer Mitglieder nur begrenzte Aktionsmöglichkeiten hat, hat sie leider zurzeit kein festes Projekt.
Anschließend sind wir zu der Kolpingjugend in Mosomboa gefahren. Hier haben wir eine lustige Truppe von 14 Leuten angetroffen, von denen einige das erste mal dabei waren und andere nach einer Pause wieder eingestiegen sind. Nachdem wir (es war inzwischen nach 12) das Angebot eines Kaffees von einer Jugendlichen gerne angenommen haben, sind wir zurückgefahren, um in etwa um halb 4 morgens in Fortín anzukommen. Zum Glück war dann erstmal Wochenende.
Jetzt kenne ich also die 10 aktiven Kolpingsfamilien und 6 Kolpingjugenden. Jede Gruppe ist geprägt durch andere Charaktere, andere finanzielle Umstände, unterschiedliche Projekte, andere Landschaften und unterschiedliche Möglichkeiten und Fähigkeiten. Aber in jeder Gruppe wurde ich fröhlich und gerne willkommen geheißen und es sind Menschen, für die ich gerne arbeite.

Soweit von hier,
Viele Grüße,
Lukas